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Ausgabe #47: Vitello Tonnato, Wachstum, Vapiano

Vapiano_Titelbild
(Christianreich, Vapiano, CC BY-SA 4.0)


Wir haben uns auch für 2019 so einiges vorgenommen. Eine Sache davon ist die neue Kategorie „Unternehmenstalk“. Da unsere Inside-Artikel sehr beliebt sind, möchten wir euch natürlich noch mehr Informationen zu verschiedenen Unternehmen liefern. Jedoch sind diese Artikel sehr aufwändig und sind deswegen in einem 2-Monatszyklus in einer Kooperation von Andi und meiner Wenigkeit entstanden. Und genau hier kommt der „Unternehmenstalk“ ins Spiel. Die Intension ist eine Art „Inside Light“ – ein kurzes Unternehmensportrait und eine Einschätzung der aktuellen Lage. Somit ist es uns möglich euch zusätzlich, neben unserem Inside-Format, weitere Unternehmensinformationen aufzubereiten.

Ende letzten Jahres hat einer unserer verehrten Leser folgenden Wunsch kommentiert: „Mich würde eine Einordnung der Vapiano Aktie/Firma interessieren.“
Es lohnt sich bei uns einen Kommentar zu hinterlassen, denn wir nehmen die Wünsche unserer Leser sehr ernst. Dann setzen wir uns doch einmal mit der deutschen Fast-Casual-Restaurantkette auseinander.

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Teenage Mutant Ninja Turtles (Quelle: Giphy)

Vapiano – Kurzportrait

Vapiano bezeichnet sich selbst als „eine Fast-Casual-Restaurantkette, die moderne, italienisch inspirierte Gerichte mit den frischesten Zutaten zu attraktiven Preisen anbietet.“ (Vgl. Vapiano: http://ir.vapiano.com/websites/vapiano/German/100/ueber-uns.html)

Fast-Casual-Restaurants zeichnen sich dadurch aus, dass sie im Vergleich zu „herkömmlichen“ Fastfood Restaurants mehr Wert auf die Qualität der Zutaten und eine frische Zubereitung legen. Jedoch gibt es nur einen „eingeschränkten“ Service, d.h. es wird i.d.R. an der Theke geordert und bezahlt. Das wiederum haben Fast-Casual-Restaurants mit Fastfood Restaurants wie McDonald‘s oder Burger King gemeinsam und unterscheidet sie von der klassischen Gastronomie.

Wie schon erwähnt hat sich Vapiano auf italienisches Essen spezialisiert, welches vor den Gästen zubereitet wird. Antipasti, Pizza, Pasta, Risotto … es gibt alles was das Herz begehrt.

Angefangen hat alles 2002 in Hamburg. Heute ist Vapiano mit über 200 Restaurants in 33 Ländern vertreten. Diese werden entweder von Vapiano selbst, über Joint Ventures oder durch Franchisenehmer betrieben. Seit dem 27.06.2017 ist die Vapiano SE an der Börse. (Vgl. Vapiano: http://ir.vapiano.com/websites/vapiano/German/0/investor-relations.html)

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Wo wachsen sie denn? Wo wachsen sie denn hin?

Vor 16 Jahren mit einem Restaurant angefangen und nun seit über einem Jahr an der Börse. Vapiano kann man somit durchaus unterstellen einen relativ aggressiven Wachstumskurs zu fahren. 2018 sollen weltweit 33 bis 38 Filialen hinzukommen. Bis 2020 soll es 330 Restaurants auf dem Globus geben. (Vgl. AlleAktien : https://www.alleaktien.de/vapiano-aktie-in-der-analyse-potential-zum-mcdonalds-der-italienischen-kueche/)

Diese Wachstumsstrategie spiegelt sich auch im Umsatz wider. Allein der Anstieg des Konzernumsatzes von 2016 auf 2017 beträgt ca. 31% (2016: 248,6 Mio. €; 2017: 324,7 Mio. €). Und was bleibt von diesem Umsatzwachstum übrig? Niente … bisher.

Vapiano hat weder in 2016 noch in 2017 schwarze Zahlen geschrieben. In 2017 belief sich der Jahresfehlbetrag auf 29,6 Mio. €. Das ist bei jungen Unternehmen, die ihren Fokus noch auf Wachstum setzen, jedoch nichts Ungewöhnliches. Dieser Tatsache ist sich sicher auch die Mayfair Vermögensverwaltung bewusst, welche mit 45,4% der größte Aktionär von Vapiano ist. (Vgl. Vapiano: http://ir.vapiano.com/websites/vapiano/German/530/aktionaersstruktur.html)

2018 ging es bisher ähnlich weiter. Der Umsatz der ersten 9 Monate belief sich auf 271,4 Mio. €. Das ist eine Steigerung von 15% gegenüber dem Vorjahreszeitraum. In diesem Zeitraum hat Vapiano „weltweit 18 Restaurants eröffnet sowie drei Restaurants geschlossen, so dass der Konzern per Ende September 220 Restaurants weltweit betreibt. 13 der neu eröffneten Restaurants entfielen auf die Beteiligungsmodelle Corporate und Joint Venture, 5 Restaurants werden durch konzernexterne Franchisenehmer betrieben.“ (Vgl. Vapiano: http://ir.vapiano.com/download/companies/vapiano/Quarterly%20Reports/DE000A0WMNK9-Q3-2018-EQ-D-00.pdf)
Und unterm Strich? Ein Minus von 29,4 Mio. € (Jan – Sep 2017: -18,0 Mio. €), was jetzt schon dem gesamten Jahresfehlbetrag des Vorjahres entspricht. Für 2018 rechnet das Management mit einem Konzernumsatz von 375 Mio. € – 385 Mio. €.

Dass Fast-Casual-Restaurants durchaus profitabel sein können, hat lange Zeit die US-amerikanische Kette Chipotle Mexican Grill gezeigt. In den Jahren 2013 bis 2015 erreichte das Unternehmen, welches sich auf frischzubereitetes mexikanisches Essen spezialisiert, Umsatzrenditen von über 10%. Aufgrund mehrerer Zwischenfälle (u.a. E-coli-Bakterien) konnte Chipotle diese Marge nicht halten und die Aktie ist auch weiterhin noch ein gutes Stück vom Aktienhoch von damals entfernt.

Apropos Zwischenfälle und Skandale: Auch Vapiano hat seit einigen Jahren immer wieder mit verschiedenen Affären zu kämpfen wie Restaurant- und Schichtleiter, die ihre Mitarbeiter um einen Teil des Lohns prellten, indem sie falsche Arbeitszeiten aufschrieben, unterstellte Hygienemängel und einen Garnelen-Etikettenschwindel. (Vgl. Stern: https://www.stern.de/wirtschaft/news/jahresrueckblick-2015–vapiano-skandale—von-gammelware-bis-lohnbetrug-6595004.html#mg-1_1547060649894)
Der aktuelle kununu-Wert von 2,45 lässt zumindest vermuten, dass in Sachen Mitarbeiterzufriedenheit sicherlich noch Luft nach oben ist.

Jochen Halfmann war 2015 als CEO angetreten um diese Probleme zu beheben. Dies ist ihm auch in vielerlei Hinsicht durch die Einführung neuer Hygienestandards und Qualitätskontrollen gelungen. Jedoch traten unter seiner Unternehmensführung neue Probleme auf: „[…] 16 Monate nach dem Börsengang stimmen die Zahlen nicht. Insider meinen, das Unternehmen habe zu stark auf Expansion gesetzt, um eine Börsenstory bieten zu können. Im Streben nach schnellem Wachstum hat Vapiano Filialen übereilt eröffnet, deren Lage nicht so gut ist wie erhofft. […] Zweiter Kritikpunkt: Vapiano machte operative Fehler – also in den Abläufen in den Restaurants selbst. Zu aufwändige Gerichte wie Rinderstreifen in Weinsauce sorgten an den Kochstationen für lange Wartezeiten. Gegenstrategien wie Bestellterminals im Restaurant rollt Vapiano zu langsam aus.“ (Vgl. Handelsblatt: https://www.handelsblatt.com/unternehmen/handel-konsumgueter/ex-douglas-manager-diese-2-kritikpunkte-brachten-halfmann-als-vapiano-chef-zu-fall/23704938.html?ticket=ST-1084736-TePteDvqmbs0ZkjHqec7-ap1)

Diese Probleme muss nun der neue CEO Cornelius Everke, welcher seit Ende 2018 die Position innehat und damit auf Jochen Halfmann folgte, lösen. Wachstum und Expansion ist alles schön und gut, jedoch wird es noch spannend wann Vapiano profitabel arbeiten wird.

Der Kurs der Vapiano-Aktie ist seit dem Börsengang 2017 um über 70% von über 26 € auf unter 7€ (Januar 2019) gefallen.


Ceterum Censeo …

Wie schätze ich nun Vapiano ein? Unseren regelmäßigen Leser ist sicherlich aufgefallen, dass wir ein leichtes Faible für Unternehmen mit einem Bezug zum Essen haben. Trotzdem taucht Vapiano nicht in unserem Value Radar auf. Das hat drei größere Gründe, die aber irgendwie auch zusammenhängen:

Wir halten uns von IPOs (Initial Public Offering) fern. Wenn (relativ) junge Unternehmen an die Börse gehen, werden diese oftmals extrem gehypt, was zu sehr unattraktiven Aktienkursen führen kann. Und meistens dauert es nicht lange bis diese Kurse wieder auf den Boden der Tatsachen fallen – wie bei Vapiano geschehen.

Der zweite Punkt, der mich abschreckt ist das Thema „Spannung“. Wie ich bereits erwähnt habe, wird es noch spannend wann Vapiano profitabel arbeiten wird. Als Zuschauer ist Spannung eine tolle Sache, aber als Investor gilt für uns die Devise je langweiliger und vorhersehbarer desto besser. Junge Unternehmen wie Vapiano, welche auch noch nicht profitabel arbeiten, sind deswegen meistens schwerer zu analysieren und das Fehlerrisiko ist um einiges höher.

Der letzte Grund warum Vapiano nicht auf unserem Value Radar zu finden ist, hängt auch in gewisser Weise mit den beiden vorherigen Punkten zusammen: Ein junges Unternehmen, welches jährlich noch rote Zahlen schreibt. Unsere Unternehmensbewertungen, wie schon öfters angesprochen, basieren zu großen Teilen auf einem DCF-Modell. Dieses stößt bei Unternehmen wie Vapiano schlicht und ergreifend an seine Grenzen.

Schlussendlich kann man sicherlich sagen, dass die Gründe, die für mich persönlich gegen Vapiano sprechen, auf die meisten jungen Unternehmen oder IPOs zutreffen und das ist auch korrekt. Jedoch kann ich durchaus damit leben, dass so manches „spannende“ Unternehmen für uns somit nicht in Frage kommt. Hierzu habe ich zum Abschluss noch ein passendes Zitat von Charlie Munger: “Our job is to find a few intelligent things to do, not to keep up with every damn thing in the world.”

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Teenage Mutant Ninja Turtles (Quelle: Giphy)


Und jetzt seid ihr wieder gefragt: Was haltet ihr von Vapiano? Wie steht ihr generell zu IPOs? Haut in die Tasten und schreibt uns eure Meinung – gerne auch auf Facebook oder Instagram. Für interessante Diskussionen könnt ihr euch auch unserer Facebook-Gruppe The Value Circle anschließen.


Abschließend, wie immer, noch einen schönen Tag und viel Spaß und Erfolg beim Investieren! ?


Euer freundlicher Value Investor aus der bayrischen Nachbarschaft


Daniel „D!“ Bleicher


Disclaimer


Hinweis nach §34b WpHG: Wir können teilweise selbst direkt oder indirekt im Besitz der angesprochenen Wertpapiere sein. Die Unternehmensanalyse stellt keine Anlageberatung oder Empfehlung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren dar.

Risikohinweis: Die analysierten Aktien unterliegen Kursschwankungen. Im Extremfall ist auch ein Totalverlust möglich.

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