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Gaststar-Special-August 2020 #7: Investieren in Zeiten von Corona (von Marvin, dividend.doctor)

Servus miteinander,

der heutige Gaststar betreibt mit aktuell ca. 13.000 Follower einen der größten deutschsprachigen Instagram-Kanäle für Aktien.

Es ist unser allseits beliebter Doc,


MArvin von dividend.doctor


[Viel Spaß beim Lesen wünschen euch Andi & Dani!]

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Hallo zusammen, zuerst wollte ich den beiden Jungs von Bavarian Value für ihre Arbeit und auch für die tolle Gelegenheit danken, einen Artikel im Rahmen des Gaststar-Special-August 2020 beizusteuern. Mein Name ist Marvin, ich bin 22 Jahre jung, und studiere Humanmedizin (aktuell im 5. Semester). Ich bin praktisch mit dem Thema “Aktien/Börse” aufgewachsen, da mein Vater seit knapp 30 Jahren ebenfalls begeisterter Hobbybörsianer ist, und habe mich Mitte 2019 entschlossen, meinen Weg an der Börse  möglichst transparent auf meinem Instagram-Kanal (@dividend.doctor) zu dokumentieren.

Corona: Ich denke kein anderes Wort wurde in den letzten 3 Monaten so häufig genannt und hat so sehr unser alltägliches Leben geprägt. Und nicht nur unser alltägliches Leben, sondern auch die Geschehnisse an den Börsen hat Corona zutiefst beeinflusst. Ich kann mich noch erinnern, wie ich Ende Dezember 2019 auf ein – historisch – äußerst gelungenes Börsenjahr zurückblickte, und dankbar war, meine ersten Schritte an der Börse in so einem freundlichen Umfeld absolvieren zu dürfen (meine ersten Aktien habe ich am 07. Januar 2019 erworben).

Dann kam 2020. Zunächst ging die “Börsen-Party” ungestört weiter, und die Kurse schienen kein Halten mehr zu kennen, aber plötzlich hörte man vermehrt diesen Begriff “Corona”, was zunächst natürlich kaum jemand registriert hat, zu groß war die Euphorie. Bis die warnenden Stimmen dann laut genug waren, war es eigentlich schon zu spät, auf einmal befand man sich in einem historischen Blitz-Crash, wie es ihn selten gegeben hat. Ruckzuck war man an den März-Tiefs angelangt, rote Kurse waren an der Tagesordnung, selten war die Panik an den Börsen größer.

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“Der Fear and Greed Index, am 16. März 2020” (Quelle: https://www.kagels-trading.de/fear-greed-index/)


Was hat das für mich bedeutet? Ich habe innerhalb meiner ersten 15 Monate an der Börse in kürzester Zeit den kompletten “Fear-and-Greed-Index” durchlebt, und nun kann immerhin niemand mehr behaupten, “ich hätte noch keinen Crash miterlebt”. Auch mich hat der Crash aus dem Nichts überrumpelt, und auch bei mir war die Panik vorhanden. Ich habe auch gemerkt, wie mir die tagtäglichen tiefroten Kurse zunehmend die Stimmung vermiest haben (nach dem Börsenjahr 2019 war ich nunmal nichts anderes als grüne Vorzeichen gewohnt). Auch das Timing des Crashs hätte kaum schlechter sein können, hatte ich doch genau Mitte März mein erstes Staatsexamen, eine sehr umfangreiche und anspruchsvolle Zwischenprüfung für mein Studium (welche ich trotz zusätzlichem “Crash-Stress” glücklicherweise bestanden habe).

Am Tiefpunkt war auch ich mal kurz davor, einige wenige (noch) grüne Positionen zu verkaufen, und so mein Geld in Sicherheit zu bringen. Heute bin ich froh, dass ich keine unüberlegten Entscheidungen getroffen habe, denn nach diesem “Blitz-Crash” folgte die historisch ebenso rasante Erholung. Ich hatte mich während des Crashs mit Nachkäufen nicht beeilt, hauptsächlich liefen meine monatlichen Aktiensparpläne, eine Cashreserve war (als Student mit Nebenjob) kaum vorhanden. Ganz untätig auf der aktiven Käuferseite (abgesehen von den Sparplänen) war ich aber nicht, und einen meiner Nachkäufe möchte ich jetzt besonders hervorheben: Appen

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(Quelle: https://www.therobotreport.com/appen-updates-ai-training-data-products/)


Appen Ltd. (ISIN: AU000000APX) war eine meiner ersten Aktien im Portfolio, meine ersten Anteile habe ich hier im Feburar 2019 erworben, nachdem ich neben dem Studium für Appen gearbeitet hatte (so bin ich auf das Unternehmen gestoßen). Die australische Firma ist großer Gewinner des Megatrends KI, und global führend im Bereich der Datensammlung. Prinzipiell läuft es folgendermaßen ab: Mehr als eine Million “Remote Worker” aus über 130 Ländern (so damals auch ich) liefern dem Unternehmen Ton-, Bild-, Text- und Videodaten in über 180 Sprachen, welche dann als hochwertige Datenpakete aufbereitet an führende Tech-Unternehmen wie Microsoft oder Apple verkauft werden, die damit KI-Systeme verbessern. Die künstliche Intelligenz wird immer dominanter, und wird bald in vielen Bereichen im Alltag präsent sein. Mit Appen sehe ich mich bestens positioniert um an diesem Megatrend profitieren zu können. Beispielsweise hat Appen mitgeholfen, die Spracherkennungs-Software “Siri” (Apple) zu entwickeln, und weist allgemein starke Partner wie Amazon (AWS), Microsoft (Azure), IBM (Watson Studio) und Google (Google Cloud) auf. Auch fundamental steht das Unternehmen exzellent da. Der Umsatz ist in den letzten Jahren mit einer jährlichen Wachstumsrate von 80% gestiegen, der Gewinn steigt ebenso rasant, und das Unternehmen ist schuldenfrei. Wem Dividendenwachstum wichtig ist, wird sich bei Appen ebenfalls freuen. Die Dividende wird jährlich kräftig gesteigert, zuletzt im Februar um 25%. Für mich also ein starkes Allround-Paket, welches auch seine globale Position immer stärker festigt, indem es vermehrt nach China und in die USA expandiert, in zwei starke KI-Wachstumsmärkte.

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(Quelle: Appen IR, Annual Report 2019)


Im Zuge des Corona-Crashs litt auch der Aktienkurs von Appen und verlor in der Spitze bis zu 45%. Nachdem Appen sich im Laufe des Jahres 2019 zum Top-Performer im Portfolio herauskristallisierte, wurden nun alle (unrealisierten) Buchgewinne innerhalb weniger Wochen ausradiert. Das war für mich absolut übertrieben, vor allem da das Unternehmen bekräftigte, dass die Corona-Pandemie nur minimale Auswirkungen auf das operative Geschäft hat und man durch die starke finanzielle Situation gut aufgestellt ist. Sogar die Prognose für das Gesamtjahr wurde bestätigt. Aus diesem Grund hatte ich mich Ende März dafür entschieden nachzukaufen, und habe meine Position mehr als verdoppelt. Im Nachhinein erwies sich dieser Nachkauf als äußerst glücklich und hat sich gelohnt. Das hat mir gezeigt, dass man Vertrauen in fundamental gut aufgestellte Unternehmen haben soll, auch wenn der Markt einem kurzfristig nicht zustimmt. Qualität setzt sich immer durch.

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(Quelle: Google Finance)


Eine weitere Lektion, die der Corona-Crash auf fast schon brutale Art und Weise verdeutlicht hat: Dividenden sind nie sicher. Auch wenn mein Instagram-Nickname (@dividend.doctor) genau darauf deuten würde, meine Strategie ist nicht die reine Dividendenstrategie. Klar laufen bei mir einige konservative Dividenden-Klassiker im monatlichen Aktiensparplan, aber mein Fokus liegt momentan auf Wachstumswerten. Das war aber nicht immer so. Vor allem zu Beginn habe ich oftmals mit hohen Dividendenrenditen geliebäugelt, und hatte den einen oder anderen Hochdividendenwert im Portfolio. Doch hier bin ich – glücklicherweise auch schon vor Corona – doch recht schnell wieder losgekommen, da eine Hochdividendenstrategie im jungen Alter (bei langem Anlagehorizont) für mich nicht schlüssig ist. Corona hat aber nochmal äußerst direkt verdeutlicht, dass heutzutage keine Dividende sicher ist, auch wenn der Track Record bis dato noch so vorbildlich war. Ich habe gelernt, niemals nur eine Kennzahl alleine zu beachten (z.B. Dividendenrendite), sondern das Unternehmen immer als Gesamtpaket im Blick zu haben. Durch diese Präferenzen-Umstellung habe ich den Kürzungen größtenteils ausweichen können, und konnte sogar fast ausschließlich Erhöhungen verzeichnen.

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Ausschnitt aus meinem Portfolio; Anmerkung: Sartorius Stedim Biotech hat die (Alibi-)Dividende dann doch halbiert, als Vorsichtsmaßnahme und trotz guter finanzieller Situation
 (Quelle: https://www.instagram.com/p/CAktofVnKL2/)


Abschließend kann man sagen, dass dieser Börsen-Crash eine einzigartige Erfahrung war, und meine erst kurze aktive Zeit an der Börse nachhaltig geprägt hat. Mir ist (wie bestimmt vielen anderen auch) bewusst geworden, dass die Börse keine Einbahnstraße ist, und nicht immer Partystimmung herrscht. Dennoch denke ich, dass ich die Situation gut überstanden habe, ich wüsste nicht, ob oder welche meiner Entscheidungen ich jetzt im Nachhinein ändern wollen würde. Andererseits wissen wir ja Stand heute auch noch nicht, ob es das schon gewesen ist, oder ob der Corona-Crash uns nochmal einholt.

Vielen Dank, dass ich als Gastautor bei dem diesjährigen Bavarian Value Gaststar-Special 2020 teilnehmen durfte. Mir hat es unglaublich Spaß gemacht diesen Artikel zu schreiben und ich freue mich über eine rege Diskussion in den Kommentaren, hier unter diesem Beitrag.

Disclaimer:

Bei dieser Analyse handelt es sich um meine Meinung, ich spreche keine Kaufempfehlung für dein Depot aus. Die Börse ist spekulativ und ein Totalverlust kann nicht ausgeschlossen werden. Jeder ist für sein Vermögen selbst verantwortlich, dieser Beitrag ist keine Finanz- oder Anlageberatung. Keine Haftung für Fehler.


Dieser Artikel wurde verfasst von Marvin von dividend.doctor.


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Hinweis nach §34b WpHG: Wir können teilweise selbst direkt oder indirekt im Besitz der angesprochenen Wertpapiere sein. Die Unternehmensanalyse stellt keine Anlageberatung oder Empfehlung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren dar.

Risikohinweis: Die analysierten Aktien unterliegen Kursschwankungen. Im Extremfall ist auch ein Totalverlust möglich.

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Comments (2)

Hi Marvin,

sehr schöner Beitrag!

Auf Appen bin ich auch durch dich gekommen. Dein Instagram Kanal ist für mich mit Abstand der beste und ich finde es immer wieder interessant woher die Firmen teilweise hervorzauberst. Weiter so!!

lg
Andreas

Marvin hat immer schöne Beiträge geliefert. Schade, dass jetzt alles gelöscht ist (Insta und Substack). Da konnte man immer viel lernen.

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