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Gaststar-Special-August 2022 #7: Meine größte Aktienposition und warum das so ist (von Michael Kissig, iNTELLiGENT iNVESTiEREN)

Servus miteinander,

den Abschluss unseres diesjährigen Gaststar-Specials bildet kein Geringerer als


Michael Kissig von iNTELLiGENT iNVESTiEREN




[Viel Spaß beim Lesen wünschen euch Andi & Dani!]


Meine größte Aktienposition ist Costco Wholesale – dank Charlie Munger

Man sollte meinen, beim Blick ins Depot ließe sich sofort erkennen, welche Aktienposition die größte ist. Bei mir liegt Costco Wholesale auf dem ersten Platz mit einer Gewichtung von 13 %. Dennoch habe ich überlegt, ob ich nicht eigentlich über Blackstone schreiben müsste. Der Alternative Asset Manager liegt mit 11,5 % nur knapp dahinter. Allerdings habe ich auch noch 4,65 % in die direkten Wettbewerber Apollo Global Management und weitere 4,5 % in KKR investiert. Die drei haben unterschiedliche Anlageschwerpunkte und ich betrachte sie daher als ganzheitliches Investment. Somit wären die Alternative Asset Manager mit 20 % Gewichtung eigentlich meine größte Position.

Und dennoch möchte ich euch heute Costco näherbringen, ein ganz wunderbares, aber weitgehend missverstandenes Unternehmen. Und ich weiß wovon ich spreche, denn ich habe bis vor knapp drei Jahren auch keinen zweiten oder gar tiefergehenden Gedanken an diesen „maßlos überteuerten Retailer“ verschwendet. Nicht mein bevorzugtes Business, auch dank der Disruption durch Amazon, und dann noch diese absurde Bewertung…

Aber es gibt diese Momente im Leben, die sind wie eine Offenbarung. Ich hatte einen solchen Aha-Effekt, als ich eine Notiz las, dass Charlie Munger, Warren Buffetts inzwischen 98-jähriger Partner, immer mal wieder Costco-Aktien für sein privates Depot kaufe. Zwar war mir bekannt, dass Munger seit Jahrzehnten dem Board of Directors von Costco angehörte, aber dass es ständig weitere Aktien von diesem Unternehmen erwarb, während er ansonsten seit vielen Jahren keine einzige andere Aktie mehr gekauft hatte, machte mich neugierig.

Das Geheimnis hinter den Käufen war schnell gelüftet: Munger reinvestierte die von Costco eingenommenen Bardividenden umgehend in weitere Costco-Aktien. Seine Art des Compounding.

Diese Information war jetzt nicht wirklich spektakulär, aber es blieb die entscheidende Frage offen: warum Costco?

Also habe ich mir das Unternehmen doch mal etwas näher angesehen…

Costco Wholesale ist hinter Walmart das zweitgrößte Einzelhandelsunternehmen der USA, allerdings mit einem bestechend einfachen Geschäftsmodell: Costco verzichtet auf die Gewinnmargen beim Verkauf an seine Kunden. Und weil deshalb die Preise so unverschämt günstig sind, rennen die Kunden dem Unternehmen natürlich die Bude ein. Zusätzlich setzt Costco auf große Mengen und große Portionen, so dass insbesondere Familien auf ihre Kosten kommen.

Die Costco-Unternehmensgruppe betreibt ein Netz von Warenlagerhäusern vor allem in den USA und Kanada, in denen die mehr als 110 Mio. Mitglieder einkaufen können. Costco beschäftigt weltweit 288.000 Menschen, davon rund zwei Drittel in den USA, und betreibt inzwischen 829 Warenlagerhäuser, die meisten davon in den USA (573) und Kanada (105). Die Expansion nach China (2) begann erst in 2020, doch die Erfolge sprechen für sich: noch nie haben sich so schnell so viele neue Mitglieder eingefunden.

Mit knapp 12 % Gewinnmarge liegt Costco branchenweit ziemlich weit hinten, während andere Einzelhändler eher auf hohe 20er-Werte kommen. Und bei der Bewertung seines Aktienkurses liegt Costco ganz weit vorne. Das passt so gar nicht zusammen – auf den ersten Blick. Beim genaueren Hinsehen erlebte ich dann meinen „Aha-Effekt“.

Costco verkauft ausschließlich an Mitglieder. Um dort einkaufen zu können, muss man also erstmal Mitglied werden und dafür bezahlt man einen Jahresbeitrag. Seit 2017 liegt der Preis für die normale Mitgliedschaft bei 60 USD und für die Executive Mitgliedschaft bei 120 USD pro Jahr. Executive-Mitglieder bekommen ein Kickback in Höhe von 2 % der jährlichen Kaufsumme. Und diese Mitgliedsbeiträge machen den Unterschied!

Im letzten Geschäftsquartal stiegen sie um mehr als 9 % auf 983 Mio. USD. Da den Mitgliedsbeiträgen kaum Kosten gegenüberstehen, macht Costco also mit seinen Mitgliedsbeiträgen alleine pro Jahr fast 4 Mrd. USD Gewinn. Costco muss (und will) also gar nicht viel an den verkauften Waren verdienen und deshalb kriegen die Mitglieder bei Costco fast immer den besten Preis. Dabei lohnt sich die Mitgliedschaft vor allem für aktive Kunden; je mehr man kauft, desto geringer ist die Mitgliedsgebühr im Verhältnis zum Einkaufsvolumen. Und so erklärt sich auch, weshalb nur relativ wenige Leute ihre Mitgliedschaft nach einem Jahr nicht verlängern, während auf der anderen Seite immer mehr neue Mitglieder hinzustoßen. Dieser Netzwerkeffekt ist einer der bedeutendsten Burggraben-Effekte!

Und der wirkt bei Costco, was sich an der Verlängerungsquote zeigt. In seinen beiden wichtigsten Märkten USA und Kanada liegt die bei 91,6 % und weltweit sind es ebenfalls beeindruckende 89 %. Mit diesem gut kalkulierbaren Geldstrom expandiert Costco weiter und mit jedem zusätzlichen Ladengeschäft steigt Costcos eigene Einkaufsmacht und bietet Raum für noch größere Einkaufsrabatte. Es ist ein nahezu perfektes System, das sogar in Rezessionszeiten Erfolg verspricht.


Wie Costco zu meiner größten Aktienposition wurde

Meinen ersten Costco-Aktienkauf tätigte ich im Oktober 2019 nach meiner „Munger-Costco-Offenbarung“.

Als die Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 so richtig Fahrt aufnahm, verkauften die Anleger panisch ihre Costco-Aktien, denn es würde ja wohl niemand mehr bei Costco einkaufen wollen, so der Tenor. Allerdings stellte sich das Unternehmen als „systemrelevante Infrastruktur“ heraus und die Leute kauften dort sogar bevorzugt ein. Die Kosten waren niedrig und durch die großen Packungen musste man dort seltener einkaufen, was in Bezug auf Kontaktvermeidung ein großer Vorteil war. Ich habe meinen Aktienbestand daher gerne aufgestockt, allerdings deutlich über dem Tiefstkurs.

Als Corona dann Anfang 2021 gebändigt schien wurden insbesondere die Aktien der vormaligen Corona-Gewinner aus den Anlegerdepots geworfen. Auch Costco gehörte dazu und der Kurs brach von 390 auf 330 USD ein. Die Befürchtungen waren groß, dass Costco als einer der größten Corona-Profiteure anschließend zu den großen Verlierern gehören würde. Eine Angst, die unbegründet war, denn Costco konnte seine Umsätze und Gewinne weiter deutlich zweistellig steigern. Auch in diesen Kurseinbruch hinein habe ich meine Position ausgebaut – zu gering und zu spät, also mal wieder nicht zu den besten Kursen.

Anfang 2022 wiederholte sich das Spiel. Der Kurs brach von 550 auf 475 USD ein, als es den hochbewerteten Wachstumsunternehmen an den Kragen ging. Steigende Zinsen, stotternde Lieferketten und Preissteigerungen würden die Umsätze und Gewinne implodieren lassen, lauteten die Befürchtungen. Doch bei Costco war davon nichts zu spüren, wie die monatlich gemeldeten Zahlen belegten. Folgerichtig erholte sich der Aktienkurs und markierte im April ein neues Allzeithoch bei über 600 USD. Ich habe auch in dieser Phase wieder auf Costco gesetzt und Ende des 1. Quartals war Costco mit über 6 % meine viertgrößte Position im Depot.

Doch einige Wochen später schockten Walmart und Target die Börse mit schlechten Quartalszahlen, weil sie die heftigen Preissteigerungen nicht an ihre Kunden weitergeben konnten. Die erodierenden Margen zeigten Schwächen im Geschäftsmodell. Und auch die Costco-Aktie brach im Gleichklang massiv mit ein und stürzte von 600 auf 425 USD kolossal ab. Diese Reaktion des Marktes habe ich überhaupt nicht nachvollziehen können und stufte den Absturz als eklatante Fehleinschätzung ein. Costco würde mit seinem Geschäftsmodell doch gerade zu den Gewinnern der Entwicklung gehören, davon war ich felsenfest überzeugt! Und folgerichtig bin ich ordentlich auf Schnäppchenjagd gegangen bei Costco.

Der Absturz erfolgte allerdings in zwei Wellen und mit meinem ersten Kauf war ich zu früh dran. Anschließend fiel der Kurs Mitte Mai noch einmal zweistellig – und ich habe den für den gleichen Betrag wie zuvor weitere Costco-Aktien erworben. Dieses Mal erwischte ich beinahe den Tiefstpunkt, was mir als absolutem Timing-Honk nur ganz selten gelingt.

In den letzten vier Wochen seit diesem Tief konnte sich die Aktie bereits wieder auf 525 USD erholen. Und warum? Weil Costco einfach stur und unbeirrt zweistellige Wachstumszahlen abliefert.


Konsequent starke Zahlen

In seinem dritten Geschäftsquartal, das am 8. Mai endete, glänzte Costco mit einem Umsatzanstieg von 16 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum auf 51 Mrd. USD. Auf vergleichbarer Basis (also die Warenhäuser, die mindestens schon ein Jahr in Betrieb sind) lag der Anstieg sogar bei 17 %. Doch Umsatzwachstum bei stark steigenden Preisen kann jeder. Daher richtet sich der Blick auf die Erträge. Und auch die stiegen: Der Gewinn pro Aktie erhöhte sich im Vorjahresvergleich von 2,75 auf 3,05 USD, obwohl die Gewinnspannen leicht rückläufig waren.

Doch damit nicht genug: Costco hat auch für Juni seine monatlichen Ergebnisse veröffentlicht und die Umsätze stiegen im Jahresvergleich um 20 %, in den USA sogar um 21 %. Auf vergleichbarer Basis erzielte Costco ein Wachstum von 18 %. Und auch wenn man ausschließlich das herausfordernde Jahr 2022 betrachtet, beeindruckt Costco mit einer Steigerung seit Jahresstart um 15 % (auf vergleichbarer Basis).

Natürlich verkauft Costco auch Benzin und Diesel und deren Preisanstieg verzerrt die Zahlen etwas. Deshalb meldet Costco auch immer Zahlen, wo dieser Effekt bzw. diese Positionen herausgerechnet sind. Danach verbuchte Costco seit dem Jahresstart ein Plus von 13 %.

Wenn ein Unternehmen über 40 Jahre 6 % Kapitalrendite verdient und man es 40 Jahre lang hält, wird man nicht viel mehr als 6 % Rendite erzielen – selbst wenn man ursprünglich mit einem großen Preisnachlass gekauft hat. Verdient ein Unternehmen im Gegensatz dazu über 20 oder 30 Jahre 18 % Kapitalrendite, wird man, auch wenn man einen teuer aussehenden Preis bezahlt hat, letztendlich ein gutes Ergebnis erzielen.“ – Charlie Munger


Die Allwetteraktie

Heute ist Costco also meine größte Depotposition, aber an der Börse zählt der Blick nach vorn. Man muss heute dort investiert sein, wo die Musik in 12 oder 18 Monaten spielt. Und das wird bei Costco sein!

Das Geschäftsmodell von Costco hat sich als resilient erwiesen und das in jeder Lebenslage. Corona konnte ihm nichts anhaben, stark steigende Preise, Lohnkosten und Inflation ebenso wenig und die gestörten Lieferketten auch nicht.

Nun strotzt der Dollar vor Stärke und das könnte die US-Unternehmen und die US-Wirtschaft belasten. Doch Costco erzielt seinen Umsatz ganz überwiegend in den USA. Und tätigt einen erheblichen Teil seiner Warenkäufe, vor allem im Elektronikbereich, in China. Der starke Dollar spielt Costco also in die Karten. Und auch die aktuellen Diskussionen in der Biden-Administration, eventuell einige der bestehenden Handelsschranken und Zölle gegenüber China zu lockern oder ganz aufzuheben.

Es gibt also kaum ein besser und sicherer aufgestelltes Unternehmen als Costco. Und das hat seinen Preis. Die Aktie wird mit dem 33-fachen Gewinn bepreist, während anderen Branchenvertretern nur knapp die Hälfte zugebilligt wird. Allerdings wächst Costco auch fortgesetzt mit rund 15 % und das bei hoher Profitabilität. Nur ist eben Costcos Geschäftsmodell auch nicht wirklich mit den Wettbewerbern zu vergleichen, denn es basiert nicht auf einmaligen hohen Verkaufserlösen, sondern auf dem Wachstum stetiger Einnahmeströme aus Mitgliedbeiträgen.

Würde ich bei einer Bewertung mit dem 25-fachen Gewinn mehr Costco-Aktien kaufen? Wahrscheinlich liege ich falsch, aber ich würde auf jeden Fall lieber Costco zum 25-fachen des Gewinns kaufen als 90 % der anderen Aktien.” – Charlie Munger, 2014

Während also Walmart, Target, Aldi & Co. so operieren wie das Ballmer-Microsoft vor 10 Jahren, als man Windows noch auf CDs brannte und verkaufte, agiert Costco bereits seit Jahrzehnten wie das Nadella-Microsoft, das Windows und alle anderen Softwareprodukte als SaaS-Modell vertreibt: als Software-as-a-Service. Anstelle einmaliger Lizenzeinnahmen fließen stetige Subskriptionserlöse. Die sind nachhaltig, gut planbar und brechen auch in wirtschaftlich schwächelnden Phasen nicht einfach weg. Sie sind daher viel mehr wert. Und das gilt auch für Costco mit seinem „Retail-as-a-Service“-Businessmodell, das sich sogar als resilient gegenüber allen bisherigen Amazon-Attacken gezeigt hat.

Amazon hat von Costco in Bezug auf den Einzelhandel vielleicht mehr zu befürchten als umgekehrt. Costco wird letztendlich ein großer Internet-Player sein. Die Menschen vertrauen ihm, und sie haben eine enorme Kaufkraft.” – Charlie Munger, 2021

Coscto hat bisher etwa alle 5 Jahre seine Mitgliedsbeiträge angehoben; zuletzt 2017. Es dürfte also nicht verwundern, wenn es bald eine weitere Anpassung geben würde – mit entsprechend starken Auswirkungen auf den Cashflow. Die Marke von 1 Mrd. USD an Mitgliedsbeiträgen pro Quartal dürfte also demnächst fallen – und das wohl schon alleine durch das organisches Mitgliederwachstum von annähernd 10 % pro Jahr.

Ich bin durch Charlie Munger auf Costco gestoßen. Ich kam Jahrzehnte zu spät, weil ich mich die Branche und erstrecht das Unternehmen nie wirklich interessiert haben. Bis zu meinem Aha-Effekt Ende 2019. Als ich erkannte, was für ein wunderbares Unternehmen mir da all die Jahre entgangen war, und zwar aus eigener Dummheit, war ich erstmal enttäuscht. Und habe nicht beherzt genug zugegriffen, sondern bin nur mit einer überschaubaren Erstposition eingestiegen. Das war genauso dumm von mir. Denn Peter Lynch, neben Buffett und Munger einer meines größten Investmentvorbilder, sagte einst: „Wenn die richtige Aktie gefunden ist, ist nie zu früh und nie zu spät, sie zu kaufen“.

Die Kunst des Investierens in Aktiengesellschaften ist… einfach, zu einem vernünftigen Preis ein Unternehmen mit hervorragender Wirtschaftlichkeit und einem fähigen, ehrlichen Management zu erwerben. Danach brauchen Sie nur noch kontrollieren, ob diese Eigenschaften bewahrt werden.“ – Charlie Munger

Und Costco ist genau die richtige Aktie. Meine Nachkäufe und die anschließende Kurserholung haben die Aktien zu meiner größten Depotposition gemacht.


(Michael Kissig besitzt selbst Aktien an Amazon, Apollo Global Management, Blackstone, Costco, KKR, Microsoft)


Dieser Artikel wurde verfasst von Michael Kissig von iNTELLiGENT iNVESTiEREN:
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