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Ausgabe #125: Bavarian Value Letter 2020 by Andreas Kuhn

Titelbild_#45
(Bru-nO, PixabayPixabay Lizenz)

Servus zusammen,

auch dieses Jahr möchte ich euch an meinen Gedanken zu für mich bewegenden Themen teilhaben lassen. Und was für ein Jahr das war. Das einschneidendste Erlebnis einer ganzen Generation war und ist natürlich:


Corona

Wir in unserer Wohlstands-Blase sind eigentlich gefeit vor allem Unglück, das in der Welt passiert. Hungersnöte, Hitzewellen, Naturkatastrophen? Das nimmt der geneigte Europäer bzw. Deutsche zur Kenntnis, spendet an Weihnachten vielleicht ein paar Euro um sein Gewissen zu beruhigen und dann is auch gut. Aber COVID-19 ist anders. Es macht nicht halt vor Grenzen, Stimmung, Hautfarbe oder Alter. Es ist das erste Ereignis seit dem zweiten Weltkrieg, das die ganze Welt in Atem hält. Man kann noch so lange querdenken oder leugnen, die Tatsache ist folgende: Das Coronavirus hat unsere Gesellschaft nachhaltig verändert.
Ein interessanter Aspekt dabei ist was den Homo Sapiens auf dieser Erde bisher so erfolgreich gemacht hat und das ist nicht unbedingt sein größeres Gehirn (zumindest bei den meisten) oder körperliche Stärke. Nö, es ist schlicht und ergreifend so, dass sich die Menschheit auf tiefgreifende Veränderungen besser einstellen kann als andere Spezies.

„It is not the strongest of the species that survives, nor the most intelligent that survives. It is the one that is most adaptable to change.” – Charles Darwin

Schon der gute alte Darwin wusste, wie man Theorien prägnant zusammenfasst. Dass der Mensch anpassungsfähig ist, heißt aber noch lange nicht, dass er Veränderungen auch mag. Und wenn jemand Veränderungen erst Recht nicht mag, dann ist es die Börse.

South Park (Quelle: Giphy)


Menschen und die Börse mögen nämlich Folgendes auch nicht: „Entscheidungen unter Unsicherheit“
Und welch größere Unsicherheit gab es dieses Jahr als die Corona-Pandemie? Auch uns traf es hart in dem Sinne, dass unser wikifolio um mehr als 30% einbrach – unter den Einstandskurs. Wie Dani bereits in seinem Letter treffend festgestellt hat, haben wir seit diesem Jahr das Prädikat „crasherprobt“. Ich habe mir natürlich auch vorher Gedanken gemacht, wie wir wohl einmal reagieren, wenn es denn soweit ist. Und ich muss sagen wir haben das Ganze relativ gut weggesteckt und die günstigen Chancen für so manches Schnäppchen genutzt. Gefühlsmäßig ging es mir dabei relativ gut, ich bin ein optimistischer Mensch und war mir immer sicher, dass die Menschheit es schon wieder auf die Reihe bekommt.
Und wo wir vorher schon bei Anpassungsfähigkeit waren, es gibt auch gute Beispiele wie die Pandemie als Katalysator für Entwicklungen gedient hat. Die Impfstoffforschung hat wohl unbestritten einen nachhaltigen Boost erhalten, wovon die Menschheit wohl noch lange etwas haben wird. Jede Krise hat auch etwas Gutes und meistens geht man gestärkt daraus hervor. Aus Sicht der Börse gibt es ein paar Gewinner:

(Beliebteste Marken während COVID-19; Vgl. Visual Capitalist: https://www.visualcapitalist.com/pandemic-proof-the-most-loved-brands-of-covid-19/)


Die beliebteste Marke während der Pandemie ist Apple. Qualität setzt sich also auch in Krisenzeiten durch. Interessant ist auch wie gut sich Disney bezüglich der Markenwahrnehmung halten konnte und das, obwohl Parks und Kinos geschlossen sind. Ich denke alles in allem war das COVID-Börsenjahr nicht so schlecht für uns, sei es um Erfahrungen im Crash zu sammeln bzw. um zu sehen, dass wir doch ein paar langfristig gute Unternehmen im Depot haben.


Vom Leben anderer lernen

“We read a lot. I don’t know anyone who’s wise who doesn’t read a lot. But that’s not enough: You have to have a temperament to grab ideas and do sensible things. Most people don’t grab the right ideas or don’t know what to do with them.” – Charlie Munger

Wie bereits erwähnt, kann man jede Krise als auch Chance nutzen und sinnvolle Dinge tun für die man sonst vielleicht gar nicht so viel Zeit hat. Bei mir stand dieses Jahr im Zeichen von Lesen. Ich habe 2020 für meine Verhältnisse sehr viele Bücher gelesen (25 and counting) und ein paar Hörbücher angehört. Charlie Munger empfiehlt seit jeher sich Biographien von bemerkenswerten Personen zu Gemüte zu führen. Man bekommt hier die Lebensweisheit eines ganzen Lebens (logisch oder?) destilliert auf ein paar Stunden – alle Fehler, Lektionen, Errungenschaften und Erkenntnisse und das ist wirklich klasse. An ein paar dieser will ich euch teilhaben lassen.

BECOMING: Meine Geschichte von Michelle Obama ist das erste Hörbuch dieser Reihe. Die ehemalige First Lady gibt spannende Einblicke in das private Leben von ihr und Barack Obama. Besonders im Zuge der Präsidentschaftswahl war es sehr spannend zu hören in welchem Kontrast diese Familie zu den Trumps steht. Es wird immer wieder betont, dass man das machen soll was einen wirklich glücklich macht, Empathie der wichtigste Schlüssel für ein gelungenes Miteinander ist und man egal was auch kommt immer optimistisch sein soll.

In Shoe Dog: Die offizielle Biografie des NIKE-Gründers von Phil Knight geht es um die Gründungsgeschichte von Nike und deren gleichnamigen Gründer. Diese Autobiographie ist zugleich eine der witzigsten und humorvollsten Geschichten, die ich jemals lesen/hören durfte – der Kerl ist einfach genial. Er selbst hat aus dem Nichts durch seine Leidenschaft fürs Laufen den größten Sportartikelproduzenten der Welt auf die Beine gestellt. Dabei hat er mit der Zeit ein Team von Leuten zusammengestellt, die einfach gerne für dieses Unternehmen arbeiten, aber auf den ersten Blick eigentlich gar nicht so sehr dazu passen. Angefangen von einem ehemaligen Läufer, der jetzt im Rollstuhl sitzt bis zu einem übergewichtigen Anwalt, der so eigentlich gar nichts vom Laufen hält und in seiner ersten Firma aufgrund seiner Art gemobbt wurde und rausgeflogen ist. Diese Leute sind in ihrem ersten Leben „gescheitert“, aber Phil Knight gab ihnen mit Nike eine neue Perspektive. Auch Phil Knight rät dazu, dass man das machen soll was einen wirklich glücklich macht und man auch mal Risiken eingehen muss.

In Das Vermächtnis meines Lebens: Meine Erfolgsprinzipien aus 15 Jahren an der Spitze von Walt Disney von Bob Iger geht es um keinen geringeren als den ehemaligen CEO von Walt Disney himself. Er war es, der Disney in der Neuzeit erst wieder in die Spur bringen und zu einem wirklichen Weltkonzern formen konnte. Der Mann hat Erfahrung und Ahnung. Die wichtigsten Erkenntnisse sind, dass man mit Optimismus wesentlich weiterkommt als mit Pessimismus, man soll sich auf etwas fokussieren und man sollte den Mut haben auch einmal zu scheitern.

Last but not least sei noch die Biographie Einstein: Sein Leben, seine Forschung, sein Vermächtnis des werten Herrn Albert Einstein von Walter Isaacson erwähnt. Man erfährt hier sehr spannende Dinge auch aus dem privaten Umfeld und wie es ein Angestellter des Patentamtes schaffte, die komplette Physikwelt auf den Kopf zu stellen – und das nur mit der Hilfe seiner Gedankenexperimente. Selbst die Relativitätstheorie ist nicht nur etwas was studierte Physiker verstehen und anwenden können. Nein, sie hat auch ganz alltägliche Implikationen. Man kann diese nämlich auch in Sachen Empathie einsetzen. Wie würde beispielsweise die Welt relativ gesehen aus den Augen eines anderen aussehen? Was müssen für Voraussetzungen greifen damit wir die Argumente des Gegenübers verstehen und diese für uns Sinn machen? Also nicht nur auf jeden losgehen, der nicht der eigenen Meinung ist, sondern auch mal seine Perspektive einnehmen und begreifen wie andere die Welt sehen.

Faszinierend an all diesen Biographien fand ich, dass sie viele gemeinsame Themen haben:

  • Sei optimistisch
  • Habe den Mut auch einmal zu scheitern
  • Mach das was du liebst

Eigentlich alles ziemlich selbstverständliche Dinge, aber so wird man sich noch einmal bewusst was wirklich wichtig ist. Auch in diesen schwierigen Zeiten der COVID-19-Pandemie sollten wir nicht unseren Optimismus verlieren. Ich denke, dass auch dieses Mal die Menschheit wie immer gestärkt aus einer Krise hervorgehen wird. Zumindest ich versuche nicht stumpf nur meine eigene Meinung zu haben und alles andere für falsch zu erklären. Ein bisschen Empathie für andere Ansichten schadet oft nicht


In diesem Sinne wünsche ich allen dort draußen ein fröhliches und gesundes Weihnachtsfest. Auch wenn ihr es vielleicht nicht direkt mit all euren Liebsten verbringen könnt, hoffe ich, dass man vieles bis Ende 2021 nachholen kann, wenn ich dann auf ein hoffentlich ruhigeres Jahr in meinem nächsten Brief zurückschauen kann.

Kevin in “Kevin allein in New York” (Quelle: GIPHY)


Euer freundlicher Value Investor aus der bayrischen Nachbarschaft


Andi


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Comments (2)

Schön geschrieben. ? Lesen war in 2020 auch ein ganz großes Thema für mich — und vor allem feststellen, wie wenig man doch in der Schule über das Lesen und das Lernen lernt. Aber besser spät als nie. ? Werde meine neuen Kenntnisse dieses Jahr gerne wieder bei euch einsetzen. ?

Danke dir Daniel.
Zum Thema Lesen und Schule gebe ich dir Recht. Aber es gibt wirklich so viele schöne und lehrreiche Geschichten, die sollte man nicht verpassen. 🙂
Und deine Kenntnisse und Erfahrungen sind hier jederzeit herzlich willkommen, das weißt du ja. 😉

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