Es ist so weit, heute gebe ich auch meinen Senf zur aktuellen Corona-Krise. Aber nicht so wie vielleicht viele vermuten. Ich versuche die Sachlage so rational wie möglich zu beurteilen und euch einen Überblick über vergangene Black Swan Events geben. Außerdem verrate ich euch wie wir bei Bavarian Value mit der Krise umgehen.
Black Swan
Zuerst einmal sollten wir klären was es mit diesem ominösen Begriff eigentlich auf sich hat. Geprägt wurde der Begriff von Nassim Nicholas Taleb in seinem Buch „Der Schwarze Schwan: Die Macht höchst unwahrscheinlicher Ereignisse“, (Original: The Black Swan). Aber wieso ein schwarzer Schwan? Der Begriff geht eigentlich auf den Satiriker Juvenal zurück, der seine Ehefrau als schwarzen Schwan bezeichnet hatte als Synonym für etwas einzigartig Schönes, was in der Form eigentlich nicht existiert. In Europa war nämlich lange unbekannt, dass schwarze Schwäne wirklich existieren. Erst 1697 entdeckte man in Australien diese Art von Schwänen. Und fortan wurde der Begriff „Black Swan“ vor allem im englischsprachigen Raum zu einer Metapher für extrem unwahrscheinliche, aber dennoch mögliche Ereignisse. Und so kriegen wir auch die Kurve zum Finanzmarkt. Was wir gerade in der Corona-Krise hinsichtlich des Aktienmarktes bewundern ist (wahrscheinlich) ein Black Swan par excellence
Um noch besser zu verstehen worüber wir genau sprechen lasst uns ein paar Ereignisse anschauen und definieren ob es sich um einen Black Swan handelt und wie so ein Event normalerweise abläuft. Naturkatastrophen beispielsweise sind per se kein Schwarzer Schwan. Sie treten zwar unerwartet hinsichtlich des Zeitpunktes auf, aber wir alle wissen, dass es Vulkanausbrüche, Tsunamis und Co. immer geben wird. Was eher als Black Swan durchgeht sind beispielsweise die Anschläge auf das World Trade Center im Jahre 2001, welche die meisten von uns wahrscheinlich noch in guter Erinnerung haben. Das kam völlig unerwartet und war nicht abzusehen. In dieselbe Kategorie gehört beispielsweise die Atomreaktorkatastrophe von Fukushima. Gut, das war die Aufwärmrunde, dann schauen wir uns Mal konkrete Ereignisse und deren Relevanz zum Aktienmarkt an. Der Einfachheit halber konzentriere ich mich bei meiner Betrachtung immer auf den S&P 500 um eine bessere Vergleichbarkeit zu haben.
SARS
Kann sich noch wer an den „kleinen Bruder“ unseres heutigen Corona-Gespenstes erinnern? Im Januar 2003 nahm das SARS-Virus seinen Anfang, welches allerdings relativ schnell eingedämmt werden konnte. Der S&P verlor darauffolgend innerhalb von 40 Tagen ca. 14%, aber war nach bereits 4 Monaten wieder auf seinem vorherigen Höchststand. Der Ausbruch eines Virus ist logischerweise sehr gut als Black Swan geeignet, vor allem wenn es sich um eine neue oder mutierte Art handelt, gegen die es noch keinen Impfstoff gibt, aber dazu später mehr wie ihr euch sicher vorstellen könnt. Kurzfristig gab es einen Ruck nach unten, aber dieser war auch schon gleich wieder ausgestanden, da sich die Epidemie nicht ausbreitete.
Globale Finanzkrise 2008
Die Globale Finanzkrise war sicherlich auch eines der Black Swan Events unseres Jahrtausends. Beginnend mit der – von den meisten nicht vorhersehbaren – Pleite der Bank Lehman Brothers gab es eine Talfahrt bis dahin nicht gekannten Ausmaßes. Schulden konnten nicht mehr bezahlt werden und die Immobilienpreise stürzten heftig ab. Dies führte nach und nach dazu, dass die gesamte Weltwirtschaft in eine tiefe Rezession gerissen wurde. Der S&P 500 verlor nach seinem Hoch in 2007 innerhalb von 1022 Tagen um die 57%, bis die Talfahrt schlussendlich ihr Ende nahm, also fast 3 Jahre. Bis der Stand des Höchstkurses von 2007 wieder erreicht wurde dauerte es sogar bis Anfang 2013. Der kurzfristige Schock war schon hoch, aber hier war im Vergleich zur SARS-Krise auch die Wirtschaft nachhaltig beeinflusst.
Covid-19, der Black Swan unserer Generation … oder etwa doch nicht?
Covid-19 ist auf den ersten Blick ein Black Swan wie er schwärzer nicht sein könnte. Das Virus kam völlig unerwartet und betrifft die gesamte Menschheit. Der S&P 500 hat zwischenzeitlich mehr als 30% verloren und wir sind gerade mittendrin. Aber ist das neuartige Corona-Virus wirklich ein schwarzer Schwan und wir konnten nicht wissen was auf uns zukommt? Es gibt nämlich zwei Herrschaften, die schon lange vor einer solchen Pandemie gewarnt haben. Den einen habe ich euch bereits mit Nassim Nicholas Taleb vorgestellt. Der andere ist kein geringer als Bill Gates. Mit geradezu prophetischer Genauigkeit sagte er auf der Münchener Sicherheitskonferenz in 2017: „Wir wissen vielleicht nicht, ob diese Waffe von Menschenhand konstruiert oder ein Produkt der Evolution sein wird. Aber eines ist nahezu sicher: Eine hochgradig tödliche globale Pandemie wird noch zu unseren Lebzeiten auftreten.“ (Vgl. Business Insider: https://www.businessinsider.de/wissenschaft/gesundheit/bill-gates-warnte-bereits-2017-auf-der-muenchner-sicherheitskonferenz-vor-einer-pandemie-die-bis-zu-30-millionen-menschen-toeten-koennte-und-zeigte-einen-plan-auf-damit-umzugehen/)
Es war prinzipiell ersichtlich, dass eine Pandemie früher oder später über uns hereinbrechen wird. Die Regierungen haben aber zu lange nicht reagiert und die Fakten einfach weggeschoben. Ich lege mich fest, dass zumindest für die Finanzmärkte dieses Virus ein eindeutiger Black Swan war. Man hätte wissen müssen, dass irgendwann eine Pandemie kommt, aber in diesem Ausmaß ist das natürlich schon sehr grenzwertig und den genauen Zeitpunkt kann natürlich auch niemand vorhersagen.
Was passiert typischerweise bei und nach einem Black Swan Ereignis?
Das unvorhergesehene Ereignis tritt ein und es herrscht erst einmal Panik und Unsicherheit. Wenn die meisten Börsianer eins nicht mögen, dann ist es Unsicherheit und sie verkaufen wie wild ihre Aktien, die Börsen brechen ein. Statt Aktien kaufen sie lieber – vermeintlich – sichere Geldanlagen wie Edelmetalle (Gold, Silber), Rohstoffe (Öl) oder Staatsanleihen. Sollte sich wie bei dem SARS-Ausbruch schnell wieder Normalität einstellen und es keine Auswirkungen auf die Realwirtschaft geben, dann kommt es oftmals zu einem V-förmigen Verlauf der Märkte. Schnell nach unten, aber auch genauso schnell wieder nach oben. Bei der Finanzkrise 2008 sah das anders aus, da eine realwirtschaftliche Rezession in vollem Gange war. Deswegen spricht man hier von einem U-förmigen Verlauf. Die Börsen stürzten ab und blieben erst einmal auf Talfahrt. Irgendwann setzte auch hier die Erholung ein. Aber es dauerte einige Zeit bis die Wirtschaft wieder Fahrt aufnahm. Ob Covid-19 einen V-förmigen oder U-förmigen Verlauf nimmt, steht noch in den Sternen. Allerdings werden jetzt schon teils tiefe Rezessionen in vielen Volkswirtschaften erwartet.
Nachfolgend findet ihr beispielhaft noch einmal die wichtigsten Black-Swan-Events seit 1973 und ihre Auswirkungen auf die Börse:
Mein rationales Fazit
Was kann man also tun? Größtenteils nichts
Das hört sich vielleicht doof an, aber genauso handhaben wir es bei Bavarian Value. Es ist zugegeben der erste Crash, den Dani und ich mitmachen, und bisher verläuft es psychologisch sehr gut. Wir lassen uns nicht irre machen und ziehen unseren Stiefel weiterhin durch. Das Einzige was wir überprüft haben war die finanzielle Stabilität unserer Investments und ob diese die Krise gut überstehen können. Ansonsten sehen wir das, was wir uns schon vorher dachten. Viele, die eigentlich langfristig orientiert sind, haben erst einmal – natürlich nur vorsichtshalber – alles verkauft, oder noch besser sie gehen Short, also spekulieren auf fallende Kurse. Viele jammern auch, sie hätten auf dem Höchststand Ende Januar alles verkaufen sollen und eigentlich wissen müssen, dass es so kommt wie es gekommen ist. Captain Hindsight lässt hier ganz herzlich grüßen.
Dann wird natürlich noch gefragt wann der Boden endlich erreicht ist und wann man wieder investieren kann. Dani‘s und meine Meinung hierzu als Volkswirte ist eindeutig und deshalb zitiere ich uns einmal selbst:
„Wir werden wahrscheinlich in einem Jahr sagen können wann der Boden erreicht war – oder auch nicht.“ – Daniel Bleicher / Andreas Kuhn
Angst und Gier sind etwas Schreckliches, aber auch eine Chance für langfristige Investoren. Auf lange Sicht gesehen hat die Menschheit bisher jede Krise überwunden und sie wird auch diese Krise überwinden. Was das Ganze für sonstige Auswirkungen hat wird sich zeigen. Aber da ich ein sehr positiver und optimistischer Mensch bin, glaube ich an das Gute in der Gesellschaft. Zunehmende Solidarität, sehr viel schnellere Digitalisierung und weiterer medizinischer Fortschritt sind nur ein paar Dinge, die ich am Horizont sehe. Deswegen kann ich euch nur empfehlen, dass ihr euch unsere Artikel zu Tim & Charlie sowie den Mental Models noch einmal zu Gemüte führt. Denn auf die innere Einstellung kommt es jetzt an. Wir werden weiterhin stur investieren, wenn uns der Unternehmenswert günstig erscheint und wir von der Qualität überzeugt sind. Bei bestehenden Investments werden wir von Zeit zu Zeit nachkaufen und ansonsten nichts von unseren Positionen anrühren, sollte sich fundamental nicht etwas Gravierendes ändern.
Ich wünsche euch in diesem Sinne viel Gesundheit und weiterhin Durchhaltevermögen in diesen bewegenden Börsenzeiten. Ich schließe ab mit einem passenden Zitat von Warren Buffett, welches er kürzlich in einem Interview von sich gegeben hat:
„There will be interruptions, and I don’t know when they will occur, and I don’t how deep they will occur, I do know they will occur from time to time, and I also know that we’ll come out better on the other end.” – Warren Buffett
Wie geht ihr in der aktuellen Krise vor? Was ist eure Nachkauf-Strategie? Schreibt mir, kommentiert und diskutiert, auch gerne über Facebook und Instagram! Gerne könnt ihr euch auch unserer Facebook-Gruppe The Value Investing Circle anschließen.
Außerdem könnt ihr hier einen Blick auf unser wikifolio werfen.
Abschließend wünsche ich euch wie immer noch einen schönen Tag und viel Spaß und Erfolg beim Investieren!
Euer freundlicher Value Investor aus der bayrischen Nachbarschaft
Weitere Quellen
Visual Capitalist: https://www.visualcapitalist.com/black-swans-9-recent-events-that-changed-finance-forever/
Investopedia: https://www.investopedia.com/terms/b/blackswan.asp
Catana Capital: https://catanacapital.com/de/black-swan-event-leitfaden-unvorhersehbare-ereignisse-boersenturbulenzen/
So sieht es aus:
Das ist nicht die erste Krise, die wird haben und auch nicht die letzte 🙂
Wahrscheinlich wird es nicht mal die schlimmste sein. Ich sehe die Situation gelassen. Ich bin sogar wieder stark im Plus (mal schauen wie nachhaltig das ist). Den meisten Börsianern ist ja klar, dass die aktuelle Krise nur temporär ist und die Staaten reagieren auf die Finanzierungsprobleme. In 10 Jahren ist das hier nur ein kleiner Tropfen auf dem heißen Börsenstein.
LG
Benjamin
Servus Benjamin,
da gebe ich dir Recht. Ob und wie lange das Ganze noch andauert auch bezüglich einer Rezession kann ich nicht beurteilen. Aber das will ich ja auch gar nicht. Mit einem langfristigen Zeithorizont habe ich da überhaupt keine Bauchschmerzen was das Investieren selbst betrifft. Mal sehen wie die Corona-Krise in der Retrospektive in ein paar Jahren aussieht. 🙂
Beste Grüße
Andi
Guter Artikel, gerade um in der erzwungenen fast Quarantäne sich die Zeit sinnvoll zu vertreiben. Bei einem aber muss Ich widersprechen: Es ist kein schwarzer Schwan, sagte Taleb vor par Tagen sogar selbst.
Grüße aus Wien
Valueer
Servus,
danke dir.
Das mit Taleb habe ich auch gelesen und in den Artikel mit eingearbeitet. Wenn man die Definition ganz genau nimmt ist die Corona-Krise kein Black Swan. Allerdings waren der Zeitpunkt und das Ausmaß natürlich trotzdem nicht vorhersehbar, weswegen ich das Ereignis für die Finanzmärkte als Black Swan für mich definiere. Wie das Ganze jetzt heißt ist aber letztendlich auch egal, viel wichtiger ist wie wir damit umgehen. Danke für den Input!
Beste Grüße
Andi
Meine Strategie?
Ganz einfach. Nachkaufen!
Das Glück ist mit den Dummen sagt man. Doch wo sind wir wenn hier?…
Nicht am Tiefpunkt investiert zu haben ist nicht schlimm, solange man dabei ist wenns wieder nach oben geht.
That is the way. I have spoken ;o)
Servus Edi,
das mit dem Nachkaufen hört sich doch gut an. Time in the market schlägt market timing. Danke für deinen Beitrag. 🙂
Beste Grüße
Andi