Bevor wir auf die Art und Weise eingehen, wie wir Risiko steuern, müssen wir noch einmal kurz einen Ausflug in Richtung Risikodefinition unternehmen.
Ihr wisst ja, dass Andi und ich mit den gebräuchlichen Risikodefinitionen rund um Volatilität und Beta herzlich wenig anfangen können. Die Definitionen klingen zwar alle recht schick und viele kluge Leute haben sich darüber die Köpfe zerbrochen, wie man Risiko in theoretischen Modellen abbilden kann, aber die Realität schaut in der Regel anders aus. Daher kommt jetzt nochmal die bayrische Definition von Risiko am Kapitalmarkt, welche schlicht und ergreifend Folgende ist:
„Das Risiko am Kapitalmarkt ist die Möglichkeit eines (Total-)Verlustes bei einer Investition.“
Und jetzt geht’s darum wie wir mit diesem Risiko umgehen und es so gering wie möglich halten.
Quantitative Analyse als Mittel zur Risikosteuerung
Wie ihr aus der ersten Hälfte unseres Zweiteilers „The Bavarian Way of Value Investing“ wisst, beginnt unsere Unternehmensanalyse mit einem quantitativen Teil. Hier wird das Unternehmen ganz simpel anhand von gängigen Kennzahlen zur Profitabilität, finanziellen Stabilität usw. untersucht. Am Schluss ergibt sich dann für jedes Unternehmen eine Schulnote und je nachdem wie diese ausfällt, wird das Unternehmen weiter analysiert.
Warum das ganze Spielchen? Eigentlich geht es hier primär um Risikomanagement. Natürlich kann man durch eine ausgiebige Kennzahlenanalyse wunderbare Unternehmen bereits erkennen, aber ob es sich wirklich um einen potentiellen zukünftigen Tenbagger handelt, sieht man meist erst nach einer detaillierten qualitativen Analyse. Daher verwenden wir die quantitative Analyse hauptsächlich um uns vor groben Schnitzern und teuren Fehlern zu bewahren. Schafft es ein Unternehmen notentechnisch hier nicht durch, ist es logischer Weise erst einmal raus. Und so sieben wir ca. 50% der Unternehmen, die wir entdecken, aus, da sie fundamental unseren Ansprüchen nicht genügen und uns somit zu riskant sind. Natürlich kann man jetzt sagen, dass uns hiermit viele Chancen flöten gehen, jedoch gibt es Abertausende von Aktiengesellschaften weltweit, so dass immer noch genügend aussichtsreiche Investitionen für uns übrigbleiben. Wir müssen nicht auf allen Hochzeiten tanzen oder wie Charlie Munger sagt: „Our job is to find a few intelligent things to do, not to keep up with every damn thing in the world.”
Nie ohne meine Sicherheitsmarge
Ein zentrales Werkzeug eines Value Investors und vielleicht auch unser effektivstes Mittel zum Risikohandling ist die Sicherheitsmarge. Je höher sich der faire Wert des Unternehmens vom aktuellen Kurs – in einem für den Investor positiven Sinne – unterschiedet, desto weniger risikoreich ist eine Investition. Der simple Grund dafür ist Folgender: Angenommen die Aktie eines Unternehmens ist 100 € wert. Ich würde mich um einiges wohler fühlen, wenn ich die Aktie für 70 € (30% Sicherheitsmarge) erwerben könnte, als für 95 € oder für den fairen Wert von 100 €. Wenn die Aktie tatsächlich 100 € wert ist, ist die Wahrscheinlichkeit einen Verlust zu erleiden bei einem Kauf bei 70 € geringer als bei einem Kaufkurs von 95 € oder 100 €. Und wenn wir uns etwas verschätzt oder verrechnet haben und die Aktie in der Tat nur 80 € wert ist, stört uns das bei einem Kauf bei 70 € auch weniger als wenn wir sie für 95 € erworben hätten. Somit ist die Sicherheitsmarge eben ein weiterer Schutz vor Fehlern und minimiert das Risiko eines Verlustes.
Vor allem heutzutage hört man immer wieder, dass die Sicherheitsmarge aus der Mode gekommen ist und man diese bei guten Qualitätsunternehmen nicht mehr benötige. Das mag vielleicht sein. Die Zukunft wird es zeigen. Aber wir persönlich fühlen uns mit Sicherheitsmarge immer noch wohler als ohne.
Schlussendlich beende ich diesen Absatz mit einem einfachen aber alles sagenden Zitat von Mohnish Pabrai: „Margin of Safety – Always!“
A bisserl Diversifikation geht immer
Diversifikation ist ein in der Finanzwelt sehr beliebtes und meiner Meinung streitbares Thema. Viele Investmentgrößen haben hier sehr unterschiedliche Ansichten. Peter Lynch und Benjamin Graham bevorzugten stark diversifizierte Portfolios. Ersterer hatte zeitweise sogar über 1.000 verschiedene Unternehmen in seinem Portfolio.
Auf der anderen Seite gibt es erfolgreiche Personen wie Warren Buffett, Charlie Munger und Monish Pabrai, welche ein fokussiertes Portfolio bevorzugen:
„Diversification is a protection against ignorance. It makes very little sense for those who know what they’re doing.” – Warren Buffett
„The idea of excessive diversification is madness. Wide diversification, which necessarily includes investment in mediocre businesses, only guarantees ordinary results.” – Charlie Munger
Und mein Lieblingszitat hierzu:
„It is a mistake to think that one limits one’s risk by spreading too much between enterprises about which one knows little and has no reason for special confidence.“ – John Maynard Keynes
Wer unser wikifolio kennt, weiß, dass wir uns eher zur letzteren Gruppe zählen. Generell haben wir ein recht konzentriertes Portfolio. Aber unsere Ansicht hat sich in den letzten Jahren gewandelt. Mittlerweile versuchen wir auch in einer rationalen Art und Weise etwas zu diversifizieren. Der Grund lässt auch wieder mit einem Buffett-Zitat erläutern: „Risk comes from not knowing what you’re doing.“
Let’s invert: Wenn du nicht weißt was du tust, wird’s riskant!
Nicht falsch verstehen – ich möchte hiermit nicht sagen, dass wir nicht wissen was wir tun (Ohje, doppelte Verneinung – ihr wisst schon was ich meine). Aber eine 100%ige Sicherheit auf den Kapitalmärkten gibt es nicht. Egal wie gut man recherchiert und analysiert, es besteht immer eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass man sich irrt. Ebenso ist es schwierig, dass man sich durchgehend in seinem Circle of Competence bewegt. Es ist eine Kunst zu wissen, was man nicht weiß. Oft überschätzt man sich selbst dahingehend und fischt dann in Gewässern in denen man sich eigentlich kaum auskennt. Aus diesen Gründen hat eigentlich jeder Investor durchgehend mit Risiko zu tun. Man übersieht die 0 in der Gleichung oder investiert in Branchen von denen man meint man kennt sich aus, hat aber bei weitem nicht so viel Ahnung wie man glaubt. Daher ist eine sinnvolle – und damit meine ich auch nicht übertriebene – Diversifikation durchaus positiv.
Diese Instrumente bilden die drei Säulen des bayrischen Riskmanagements und helfen uns das Risiko am Kapitalmarkt zu minimieren, denn: „Rule No. 1: Never lose money. Rule No. 2: Never forget rule No. 1.” – Warren Buffett
Die Risiko-Bonusfrage
Eine kleine zum Thema passende Bonusfrage gibt es noch: „Kannst du damit ruhig schlafen?“ Wenn du dir die Frage bei jedem potentiellen Investment stellst und die Antwort ist „Ja“, dann ist alles in Ordnung. Ist die Antwort „Nein“, solltest du womöglich doch noch einmal in die Analyse einsteigen, deine Zweifel ausräumen oder einfach gleich weiterziehen. Es gibt noch genügend andere Unternehmen da draußen mit denen du wahrscheinlich besser schläfst – und Schlaf ist wichtig!
Und jetzt seid ihr wieder gefragt: Wie geht ihr mit dem Risiko am Kapitalmarkt um? Welche Instrumente verwendet ihr? Wie steht ihr zu Diversifikation? Haut in die Tasten und schreibt uns eure Meinung – gerne auch auf Facebook oder Instagram. Für interessante Diskussionen könnt ihr euch auch unserer Facebook-Gruppe The Value Investing Circle anschließen.
Außerdem könnt ihr hier einen Blick auf unser wikifolio werfen.
Abschließend, wie immer, noch einen schönen Tag und viel Spaß und Erfolg beim Investieren! ?
Euer freundlicher Value Investor aus der bayrischen Nachbarschaft
Disclaimer
Hinweis nach §34b WpHG: Wir können teilweise selbst direkt oder indirekt im Besitz der angesprochenen Wertpapiere sein. Die Unternehmensanalyse stellt keine Anlageberatung oder Empfehlung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren dar.
Risikohinweis: Die analysierten Aktien unterliegen Kursschwankungen. Im Extremfall ist auch ein Totalverlust möglich.