Servus zusammen,
wir möchten gegen Ende des Jahres 2018 ein neues Kommunikationsmedium einführen, den Bavarian Value Letter. Wie ihr euch sicherlich denken könnt, wurden diese Briefe durch die Berkshire Hathaway Shareholder Letters von Warren Buffett, aber auch durch Guy Spier von Aquamarine Fund inspiriert. Andi und ich werden jeweils am Jahresende einen Brief verfassen. Den Anfang mache ich heute. Diese Briefe sind weniger ein Rückblick des Jahres (keine Sorge, der kommt auch noch), sondern beinhalten eher unsere persönlichen Meinungen und Ansichten zu aktuellen Themen oder Investments.
Marktsituation, Strategie und Investments
Aktuell ist es Anfang Dezember als ich diese Zeilen tippe. 2018 war für Value Investoren weltweit ein weiteres anspruchsvolles Jahr. Wir sind selbst erst seit 3 Jahren in diesem Umfeld tätig, aber wir wissen auch, dass wir uns als Value Investoren hier sicherlich keinen günstigen Zeitpunkt ausgesucht haben. Nach einem jahrelang andauernden Bullenmarkt (kontinuierlich steigende Aktienkurse) wird es für wertorientierte Anleger immer schwieriger Schnäppchen zu finden, so auch für uns. Bis Ende Oktober haben wir mit Glanbia (März 2018) lediglich eine Investition in unserem wikifolio tätigen können. Der Bullenmarkt hält mittlerweile seit ca. 10 Jahren an und hat auch irgendwann während des Jahres (je nach Definition) den Rekord als „längster Bullenmarkt der Geschichte“ gebrochen. Für Value Investoren ist das keine einfache Situation, da so gut wie alle hervorragenden Unternehmen extrem teuer geworden sind. Wie einst Ben Graham anmerkte: “A great company is not a great investment if you pay too much for the stock.”
Am 27.10 haben wir dann Michael Kors (inkl. 3 Nachkäufe am 09.11, 30.11 und 11.12) sowie Pandora (14.11) ins wikifolio aufgenommen. Und hier wird deutlich, dass auch wir unsere Strategie etwas an die Marktsituation angepasst haben. Keine Sorge wir betreiben immer noch den Bavarian Way of Value Investing – an den Grundsätzen hat sich nichts geändert. Jedoch unterscheiden sich diese beiden Investitionen von unseren bisherigen Investments wie Bakkafrost, Disney und Apple – dieses Triumvirat stellt nach wie vor unsere drei größten Positionen.
Bei Michael Kors und Pandora haben wir uns leicht in Richtung Deep Value Investing bewegt. Ich möchte in keinem Fall behaupten, dass es sich bei diesen beiden Unternehmen um Zigarettenstummel á la Benjamin Graham handelt – es sind zwei überaus solide Unternehmen. Jedoch spielte bei diesen beiden Investmententscheidungen der Preis der Aktie eine größere Rolle als bei anderen Investitionen. Wenn die Aktien der Unternehmen nicht so extrem günstig gewesen wären, wären wir wahrscheinlich weitergezogen. Da man bei den Aktienpreisen der beiden Unternehmen jedoch schon fast von Black-Friday-Angeboten sprechen konnte, mussten wir einfach zuschlagen. An unseren Grundsätzen, dass wir Unternehmenswerte zu günstigen Preisen kaufen wollen, hat sich weiterhin nichts geändert. Doch dieses Mal war für die Entscheidung der Preis womöglich genauso ausschlaggebend wie der Wert bzw. die Qualität des Unternehmens.
Natürlich stellt sich mir die Frage: Was lernen wir daraus?
Ich glaube man erkennt vor allem, dass Grundsätze etwas Permanentes sind. Man ändert seine Grundsätze nicht einfach. Das gilt beim Investieren genauso wie in anderen Lebensbereichen. Aber die Realisierung oder Umsetzung dieser Grundsätze kann je nach Situation und Gegebenheiten angepasst werden und ist somit in gewisser Art und Weise flexibel. Und da Value Investing ein sehr weites Feld umfasst (und ich bis heute nicht verstehe wie manche Erbsenzähler hier immer strikte Unterscheidungen treffen möchten), hat man auch die Möglichkeiten sich von Zeit zu Zeit etwas mehr in die eine oder dann auch in die andere Richtung zu entwickeln.
Gerade lese ich ein sehr gutes Buch von Jeremy Miller über die Partnership Letters von Warren Buffett. Dort beschreibt der Autor ebenfalls dieses Thema:
„Während sich Grundsätze nie ändern – sie sind zeitlos – können und sollten sich Methoden häufig ändern,damit sie zu einem gegebenen Investment-Umfeld passen. Es lassen sich unterschiedliche Methoden ausmachen, die Buffett in verschiedenen Phasen der Partnership und in unterschiedlichen Phasen des Marktzyklus angewandt hat, um am besten nach seinen Grundsätzen handeln zu können.“ (Vgl. Jeremy Miller: Warren Buffetts fundamentale Investment-Geheimnisse: Die Essenz der Partnership Letters des erfolgreichsten Investors aller Zeiten)
Schwankungen, Psyche und der Drang etwas zu tun
2018 waren die Aktienkurse auf einem Höchststand. Apple und Amazon haben die 1-Billion-$-Marke (Marktkapitalisierung) geknackt. Trotzdem war 2018 auch ein Jahr in dem die Börsen nach langer Zeit, in der es nur nach oben ging, auch Phasen hatten in denen eine andere Richtung eingeschlagen wurde. Bis Anfang Dezember verlor der DAX bspw. gut 16%. Beim Dow Jones gings hoch und runter.
Nachdem Apple die 1-Billion-$-Marke überschritten hatte, geht’s auch hier seit Ende Oktober bergab. Das Unternehmen wurde zeitweise sogar von Microsoft als wertvollstes Unternehmen der Welt abgelöst. Dieser Kursrutsch von Apple ging an unserem wikifolio auch nicht spurlos vorbei, aber damit können wir leben. Wie wir ständig predigen, ist unser Anlagehorizont langfristig ausgelegt und das heißt eben auch, dass man kurz- oder vielleicht auch mittelfristig mit schlechten Phasen rechnen muss. Darauf konnten wir uns schon von Anfang an einstellen und kommen soweit auch einigermaßen klar damit. Wir haben in diesem Fall einfach nichts gemacht.
Und hier sind wir bei der Sache, die dieses Jahr psychologisch für mich an der Börse am schwersten war – das „Nichts-tun“. Wie ich schon erwähnt habe, haben wir bis Ende Oktober nur eine Investition getätigt. Wir waren die 10 Monate davor nicht faul. Wir haben grob über 100 Unternehmen analysiert. Manche haben sich relativ früh disqualifiziert und die Analyse hat somit nicht ganz so lange gedauert, aber wir haben uns einige Bilanzen etc. angeschaut. Doch bis Ende Oktober haben wir nichts gemacht. Und das war nicht leicht. Auch wenn bei einigen Unternehmen vieles gepasst hat, war beim aktuellen Aktienkurs irgendwann Schluss – zu teuer. Dann stellt man irgendwann auch so manche Dinge in Frage, da man den Drang verspürt irgendeine Aktie zu kaufen. Sollten wir vielleicht weniger Sicherheitsmarge verlangen?
Schlussendlich sind wir, wie ihr sehen könnt, unseren Grundsätzen treu geblieben und haben einfach Nichts getan bis wir Investments gefunden haben, die unseren Grundsätzen entsprachen (Michael Kors und Pandora). Viele Manager, Politiker usw. tun oftmals irgendetwas, nur damit sie irgendwas getan haben. Es muss nicht einmal Sinn ergeben oder teilweise verschlimmert es womöglich auch die Situation, aber Hauptsache es wurde was getan. Man nennt diesen Denkfehler „Action Bias“. Auch wenn man ihn kennt und sich diesem bewusst ist, sorgen Tim & Charlie dafür, dass es nicht leicht ist, diesem Denkfehler zu widerstehen. Und so musste ich dieses Jahr auch damit kämpfen und mich immer daran erinnern, dass etwas zu tun, damit man auch etwas getan hat, eine sehr dumme Sache ist. Für den langfristigen Erfolg ist es oft wichtig, einfach mal Nichts zu tun. Charlie Munger bringt es auf den Punkt: “It takes character to sit with all that cash and to do nothing. I didn’t get top where I am by going after mediocre opportunities.”
Mit diesem Zitat beende ich nun auch meinen Brief und wünsche euch und euren Familien und Freunden ein besinnliches Weihnachtsfest und schöne Feiertage.
Euer freundlicher Value Investor aus der bayrischen Nachbarschaft
Great stuff! Vielen Dank für die Internetseite hier und ich wünsche euch ebenfalls eine frohe Weihnachtszeit! Beste Grüße, Michael
Dankeschön Michael!