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Ausgabe #18: Warum ich mit technischer Analyse nicht viel anfangen kann

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Bild von TeroVesalainen (Quelle: pixabay.com)

 

So liebe Leute, dieser Artikel wird irgendetwas zwischen Plädoyer und persönlicher Meinung mit einer kleinen Prise Philosophie. Es geht darum, wieso ich persönlich (Achtung: eigene Meinung! 🙂 ) nicht viel mit technischer Analyse anfangen kann und ich fundamentale Analyse, wie bei Value Investing, viel lieber mag. Ich habe mich aus persönlichem Interesse und natürlich bedingt durch mein Studium der VWL bereits mit verschiedenen Analyseformen befasst. In diesem Artikel versuche ich euch zu erklären, wieso technische Analyse, zumindest für mich, nicht als Analyseform in Frage kommt.

 

Definition

 

Wie bereits erwähnt gibt es im Bereich Investing eigentlich zwei dominante Analysetechniken, die teilweise unterschiedlicher nicht sein könnten. Zum einen wäre da die erwähnte technische Analyse. Diese definiert sich durch die Analyse der Marktbewegungen, hauptsächlich durch den Gebrauch von Charts, um aus vergangenen Daten auf zukünftige Preise zu schließen. Demzufolge glauben Anhänger der technischen Analyse, dass sich Aktienpreise nach bestimmten Mustern verhalten, was dazu führt, dass sie aufgrund von vergangen Preisänderungen zukünftige Preise prognostizieren wollen.

Dem gegenüber steht die fundamentale Analyse. Diese beschäftigt sich damit, einen inneren Wert einer Aktie herauszufinden, basierend auf fundamentalen Unternehmensdaten. Diese Art von Analysten glaubt, dass zu jeder Zeit ein innerer Wert für eine Aktie besteht, basierend auf betriebswirtschaftlichen und ökonomisch nachvollziehbaren fundamentalen Faktoren. Wichtige Faktoren hierbei sind die Analyse von Kennzahlen wie Eigenkapitalquote, Eigenkapitalrendite oder zukünftige Cashflows.  Als Investor hat man grob gesagt somit zwei grundlegende Optionen. Entweder wir glauben daran, dass Fundamentaldaten den Preis bestimmen und richten uns nach dem inneren Wert oder wir treffen unsere Entscheidung basierend auf der Erwartung zukünftiger Aktienpreisentwicklungen.

 

Mein erstes Problem: Prognosen

 

Ich fasse mal kurz zusammen. Laut technischer Analyse kann von dem Verhalten der Marktteilnehmer aus der Vergangenheit auf die Zukunft geschlossen werden. Denn nichts anderes passiert an Aktienmärkten. Menschen kaufen und verkaufen Aktien und genauso bestimmt sich auch deren Preis. Irgendjemand verkauft eine Aktie und jemand anders kauft sie. So weit so gut. Aber wieso sollten vergangene Preise zukünftige Preise beeinflussen? Da hat der Spaß für mich auch schon ein Loch. In einer Welt, in der ein Donald Trump Präsident über eines der mächtigsten Länder der Welt werden kann, will mir irgendwer erzählen, dass man heute voraussagen kann, wie sich Menschen morgen verhalten? Für mich persönlich klingt das nicht plausibel und ich versuche selbst die Prognosen, bei all meinen Berechnungen so klein wie möglich zu halten. Wenn ich mal doch Prognosen treffen muss lässt die Sicherheitsmarge grüßen, da ich meinen Prognosen für fundamentale Daten selbst nicht komplett traue. Sollte ich eine Sache in meinem bisherigen persönlichen und auch volkswirtschaftlich-akademischen Leben gelernt haben, dann ist es, dass sich Menschen eben nicht immer rational Verhalten und vergangenes Verhalten sich nicht auf die Zukunft ummünzen lässt. Es mag Leute geben, die behaupten das zu können. Ich habe für mich entschieden, dass ich nicht dazugehöre.

 

Mein zweites Problem: Der Anlagehorizont

 

Es besteht auch meistens ein gravierender Unterschied in Sachen Anlagehorizont. Während Analysten der technischen Schule eher einen kurzfristigen Ansatz haben, sind Anhänger der Fundamentalanalyse eher drauf bedacht eine Position langfristig zu halten. Schon unser allseits bekannter „Urvater“ des Value Investings Benjamin Graham legte sich auf einen Unterschied zwischen Investieren (Fundamentalanalyse) und Spekulieren (Technische Analyse) fest. Daytrader gehen ja bekanntlich noch einen Schritt weiter und handeln täglich mehrmals. Ich frage mich immer, wie man so die Transaktionskosten im Zaum halten soll. Darüber hinaus muss man auf die realisierten Gewinne auch noch Steuern entrichten, was den Gewinn noch einmal mehr schmälert. Wenn ihr einmal grafisch sehen wollt was ich meine, fasst die nachfolgende Grafik das Gesagte eigentlich relativ gut zusammen:

 

Handelshäufigkeit
Handelshäufigkeit

Quelle: https://www.quora.com/Is-daytrading-a-losers-game; Originalquelle der Wissenschaftler Brad Barber und Terrance Odean

 

Mein drittes Problem: Die Effizienzmarkthypothese

 

Einige werden auch schon einmal von der sogenannten Effizienzmarkthypothese von Eugene Fama gehört haben. Ich will jetzt gar nicht so tief in die Details eintauchen. Im Großen und Ganzen besagt diese, dass alle verfügbaren Informationen in die derzeitigen Aktienkurse bereits eingepreist sind und eine Analyse jeglicher Form deswegen sinnlos ist. Bereits 1948 sprach Robert K. Merton von der sogenannten selbsterfüllenden Prophezeiung. Diese besagt, dass „aus einer falschen Definition einer Situation ein neues Verhalten hervorgerufen wird, welches die ursprünglich falsche Definition wahr werden lässt.“ Schlicht und ergreifend bedeutet das für mich, dass technische Analyse teilweise deswegen scheinbar funktioniert, weil einfach genügend Leute mitmachen. Nicht mehr und nicht weniger.

 

Mein viertes Problem: Aktie als Anteil am Unternehmen

 

Technische Analyse beschränkt sich meistens darauf Aktien nur kurzfristig zu halten und einzig und allein die Kurse zu betrachten. Ich als Value Investor hingegen sehe eine Aktie als das was es schon immer war: Ein Anteil an einem real existierenden Unternehmen, mit realen Mitarbeitern und realen Gewinnen und Verlusten. Ich bin gerne ein Teil von einem Unternehmen, von dem ich überzeugt bin.

 

Jetzt wird’s philosophisch

 

“I realized technical analysis didn’t work when I turned the charts upside down and didn’t get a different answer” – Warren Buffett

 

Charts are great for predicting the past.” – Peter Lynch

 

So liebe Freunde, jetzt kommt die Philosophie-Keule. Ich bin ja nicht nur ein Anhänger der Value Investing Philosophie, weil ich den Rest Scheiße finde. Ich kaufe eine Aktie und bin Miteigentümer eines ganzen Unternehmens! Das finde ich nach wie vor äußerst faszinierend und auch motivierend. Mir macht es unglaubliche Freude zu sehen, dass Unternehmen, die Daniel und ich über einen sehr langen Prozess analysiert und bewertet haben dann auch weiterhin gut abliefern. Ich rede hier von den fundamentalen Daten, für den Preis können wir nichts. 🙂

Manche Unternehmen begleiten wir sozusagen seit Jahren und freuen uns richtig darauf, den neuesten Geschäftsbericht zu analysieren und zu schauen, ob das Unternehmen gute Arbeit leistet und ob es möglicherweise unterbewertet oder überbewertet ist. Ich betrachte Value Investing auch als mein Hobby und wenn man damit dann auch noch Geld verdienen kann, ist das doch ne runde Sache. Ein anderer Faktor für mich persönlich ist das Stresslevel. Ich will gar nicht jeden Tag nachsehen, ob die Kurse jetzt fallen oder steigen. Ich stelle mir den Tagesablauf eines Daytraders unglaublich mühsam vor, weil man auf jedes noch so kleine Signal reagieren muss. Dani und ich kaufen die Aktien eines guten Unternehmens, von dem wir glauben es sei unterbewertet und dann können wir uns in aller Ruhe zurücklehnen, da wir sozusagen eine langfristige Partnerschaft mit der Aktie eingegangen sind. Langfristige Beziehungen sind uns um so einiges lieber, als kurzfristige One-Night-Stands. 😉 Schlussendlich muss jeder für sich selbst entscheiden, was einem mehr zusagt. Für mich ist Value Investing nicht nur eine bessere Anlagestrategie, sondern auch die entspanntere und erfüllendere Tätigkeit. Und am Ende des Tages sollte man doch einfach zufrieden und glücklich sein mit dem was man den lieben langen Tag so tut, oder etwa nicht?

Ich beende das Ganze mit einem, wie ich finde, passendem Zitat aus meinem Lieblingsfilm Forrest Gump:

“Stupid is as stupid does.” (“Dumm ist der, der Dummes tut.”) – Forrest Gump

Deswegen kann es jeder halten wie er oder sie es will, solange man seinen gesunden Menschenverstand nutzt.

Was haltet ihr von technischer Analyse? Seht ihr das Ganze auch so wie ich oder glaubt ihr, dass ich mit meiner Meinung komplett falsch liege? Oder habt ihr einen Weg für euch gefunden, technische Analyse und Value Investing zu kombinieren? Lasst es mich wissen, kommentiert und diskutiert mit und schreibt mir sehr gerne hier oder auf Facebook und Instagram!

 

Abschließend wünsche ich euch wie immer noch einen schönen Tag und viel Spaß und Erfolg beim Investieren! 😉

 

Eurer freundlicher Value Investor aus der bayrischen Nachbarschaft

 

Andi

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Comments (1)

Ich finde eine Kombination von beidem gut. Ich bin Mitte 30 und passiv 7 stellig wegen einem Trauerfall unterwegs, aber mit 50TEUR aktiv bei FX. Und da gibts auch 3-5% im Monat. Ich denke man (und Frau erst recht) darf nicht einseitig sein. Nicht alle Eier in einen Korb.😂 Wegen Eiern muss ich gerade lachen😂 Naja, wenn jedenfalls der Aktienmarkt einbricht, dann werden wir sehen wie viele noch dabei sind. Die letzten 10 Jahre war es sehr einfach, dafür braucht man keine Experten.

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