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Ausgabe #88: Bavarian Value Letter 2019 by Daniel Bleicher

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(Petar Milošević, Writing a letter, CC BY-SA 3.0)


Servus zusammen,

es ist schon wieder soweit, das Jahr neigt sich dem Ende zu. Das heißt aber auch, dass es wieder Zeit ist einen Letter zu verfassen.


Fail Early, Fail Often, Fail Forward

Ich möchte meinen Brief gleich mit dem Thema beginnen, das mir – und womöglich auch euch – am meisten bringt (aber bitte nicht gleich danach mit den Lesen aufhören 🙂 ): Meine bzw. unsere – sorry Andi 😉 – Investmentfehler
Wie ihr vielleicht wisst haben Andi und ich dieses Jahr bereits einen Beitrag zu unseren Investmentfehlern veröffentlicht. Und wie wir dort auch schon in weiser Voraussicht angemerkt haben, waren es unsere BISHER größten Fehler.
Seitdem haben wir noch zwei entdeckt, auf die ich mehr oder weniger gerne – wer will sich schon in der Öffentlichkeit mit seinen eigenen Fehlern auseinandersetzen – eingehen möchte:


Nummer 1: Woher kommt der Umsatz?

Darauf hat uns Michael Jakob von AlleAktien bei einem Gespräch in einem Regensburger Biergarten gebracht – an dieser Stelle nochmals vielen Dank. Wir haben uns über die Luxus-Branche und Unternehmen wie LVMH und eben auch Michael Kors (jetzt: Capri Holdings) unterhalten. Dabei hat Michael richtigerweise angemerkt, dass Capri über 70% des Umsatzes mit Michael Kors macht und hier die Umsätze zurückgehen. Das ist natürlich ein schlechtes Zeichen und sollte auch jedem klar sein, doch wir hatten das nicht so wirklich auf dem Schirm. Dass die Marke Michael Kors Probleme hatte war uns durchaus bewusst, aber wir haben das Ganze nicht in den Kontext gesetzt und geschaut wie das unseren Investment Case (tolles Wort, klingt professionell) für das gesamte Unternehmen beeinflusst. Dementsprechend hatte unsere Analyse eine doch erhebliche Lücke und wir mussten unsere Renditeerwartung nach unten schrauben. Wir sind den Fall „Capri“ nochmals durchgegangen und sind trotzdem weiterhin der Meinung, dass sich unser Investment noch lohnen wird – sonst hätten wir Michael Kors auch verkauft und aus unserem wikifolio geworfen. Aber die Rendite wird wohl nicht mehr so hoch ausfallen wie wir ursprünglich erwartet haben.

Daher hat der Punkt „Wo kommt der Umsatz her? Welche Geschäftsbereiche steuern den meisten Umsatz bei?“ auch einen Platz auf unserer Checkliste gefunden, damit uns so ein Fehler nicht mehr passiert.


Nummer 2: Bei einem Umbau sollte man Geduld mitbringen

Hier muss vor allem Pandora, aber auch erneut Capri herhalten. Wie wir schon öfters erwähnt haben, spielte für uns bei beiden Investments der Preis der Aktie eine ausschlaggebende Rolle. Dadurch haben wir aber auch die Situation der beiden Unternehmen unterschätzt. Pandora und Capri strukturieren sich gerade neu. Pandora setzt derzeit das Unternehmensprogramm NOW um und Capri Holdings ist damit beschäftigt nach Jimmy Choo nun Versace zu integrieren. Und wir waren hier zu ungeduldig um die Auswirkungen des Umbaus zunächst einmal abzuwarten. Solche Restrukturierungen können, wie bei Pandora und Capri gesehen, kurzfristig sehr auf den Aktienkurs drücken, da diese oft mit hohen Kosten oder kurzfristigen Umsatzrückgängen verbunden sind. Wir müssen uns hier einfach eingestehen, dass wir zu früh in beide Unternehmen eingestiegen sind. Dabei ist es auch nur ein kleiner Trost, dass Warren Buffett bei Kraft Heinz ein wohl recht ähnlicher Fehler unterlaufen ist.

„The problem was overpaying for Kraft. “With the Heinz part of the transaction, we originally owned about half of Heinz, we paid an appropriate price there, and we actually did well,” he said. “We paid too much money for Kraft.”“ (Vgl. Food Business News: https://www.foodbusinessnews.net/articles/13739-warren-buffett-offers-views-on-kraft-heinz-woes)

Das Orakel von Omaha hat bei seinem Investment zu viel bezahlt und das kostet natürlich Rendite. Da wir die Auswirkungen der Konzernneustrukturierungen unterschätzt haben, sind wir zu früh eingestiegen und haben für beide Unternehmen leider ebenfalls zu viel bezahlt. Daher kommt wieder eins meiner Lieblingszitate von Ben Graham zum Tragen, welches wir leider nicht genug beherzigt haben: “A great company is not a great investment if you pay too much for the stock.”

Zum aktuellen Preis sehen wir kaum bessere Optionen, daher bleiben wir auch in beide Unternehmen investiert. Aber das Problem war der Einstiegskurs. Wir haben für Pandora und Capri zu viel bezahlt, was natürlich die Performance beider Investments beeinflusst.

Das Positive daran ist, dass wir wieder um eine Erkenntnis reicher geworden sind. Wie ich bei Campbell Soup geschrieben habe, besteht kein Grund bei Unternehmen, die sich gerade neu aufstellen, zu früh auf den Zug aufzuspringen. Das Risiko dabei einen zu hohen Preis zu bezahlen ist einfach vorhanden und es zwingt dich keiner dieses Risiko einzugehen. Daher werden wir das auch in Zukunft wieder besser berücksichtigen und regelmäßig an die weisen Worte von Benjamin Graham denken.


Die Börse bewertet Zukunft

Es ist gerade kurz vor Nikolaus – zumindest war es das als ich diese Zeilen geschrieben habe – und man hört es zurzeit immer öfter: „Die Börse bewertet Zukunft.“ Ich kann es schon gar nicht mehr hören. 😉 Auf der einen Seite haben wir diverse handelspolitische Spannungen, allen voran USA und China, politische Ungewissheiten wie den Brexit und Unternehmen bspw. hier in Deutschland, die Stellen streichen und Werke schließen wie Audi, der Oberpfälzer Maschinenbauer Krones und die Automobilzulieferer Continental und Brose. Auf der anderen Seite haben wir die expansive Geldpolitik der Zentralbanken, die die Märkte weiterhin mit Geld zuschütten, und einen US-Präsidenten Donald Trump, der 2020 wiedergewählt werden will, und dessen Chancen mit einer positiven Börsenbilanz steigen, aber da wäre auch noch ein gewisses Impeachment-Verfahren. Trotzdem sieht es bei all diesen Faktoren so aus als könnten genug Personen an der Börse eine positive Zukunft exakt vorhersagen, da ich mir sonst die immer weiter steigenden Kurse (Bsp.: Diverse Allzeithochs in den USA) nicht wirklich erklären kann. Also wir können das nicht. Die zukünftigen Cashflows eines Unternehmens zu prognostizieren ist schon schwierig genug, daher machen wir das auch nie ohne unsere Sicherheitsmarge, aber die Entwicklung ganzer Finanzmärkte und das auch noch für einen relativ kurzfristigen Zeitraum von meist 1 bis 2 Jahren vorherzusagen, damit hätten wohl auch Nostradamus und Doctor Strange ihre Probleme.

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Doctor Strange in Avengers: Infinity War (Quelle: Tumblr)


Meine persönliche Ansicht ist, dass sich die Börsen durch Hoffnung und Phantasie von der Realwirtschaft leicht abkoppeln, sprich mir kommt die derzeitige Situation etwas spanisch vor. Aber für unsere Investitionsentscheidungen spielt der Gesamtmarkt zunächst einmal eine untergeordnete Rolle, da wir uns schlicht und ergreifend auf die Qualität der Unternehmen konzentrieren und versuchen die Besten ausfindig zu machen um in diese zu einem günstigen Preis investieren zu können. In einer Zeit von Rekordständen an den Börsen ist der zweite Teil natürlich um einiges schwieriger, aber dann heißt es einfach abwarten und an anderer Stelle suchen, denn: “A great company is not a great investment if you pay too much for the stock.” – Hey, das zieht sich ja wie ein roter Faden durch den Letter, ich bin begeistert von mir. 😛

Es hat den Anschein, dass sich die Wenigsten im Moment mit den Preisen der Unternehmen auseinandersetzten. Ob das so richtig ist, würde ich als fraglich bezeichnen, denn ich glaube weiterhin: Die Bäume wachsen nicht in den Himmel. – 5 € ins Phrasenschwein, ich weiß es ja.


Damit möchte ich nun aber auch meinen diesjährigen Brief beenden und wünsche euch und euren Familien und Freunden ein besinnliches Weihnachtsfest und schöne Feiertage.

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Bill Murray in „Die Geister, die ich rief …“ / Originaltitel: Scrooged (Quelle: Tenor)


Euer freundlicher Value Investor aus der bayrischen Nachbarschaft


Daniel „D!“ Bleicher


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